19. Dezember 2023 – In Oerlikon steht ein neues Hochhaus vor der Fertigstellung. Errichtet wurde es in den letzten fünf Jahren unmittelbar beim Bahnhof Oerlikon. Bei allem Verständnis für das Verdichten und den Bau in die Höhe – der Franklinturm steht am falschen Ort.
Blenden wir zurück: Als ich vor etwas mehr als 20 Jahren nach Oerlikon zog, bot der Bahnhof Oerlikon ein ziemlich tristes Bild. Die Personenunterführungen waren schmal und eng. Es kam einem etwas schmudelig vor. Franz Hohler, seit vielen Jahren in Oerlikon wohnhaft, schrieb in seinem Buch «Gleis 4» von der «uringelb gekachelten Bahnhofsunterführung». Damit brachte er es auf den Punkt, wie sich der Bahnhof präsentierte.
Mit der Realisierung der Durchmesserlinie wurden zwei neue Gleise gebaut. Dafür wurde das ehemalige Verwaltungsgebäude der Maschinenfabrik Oerlikon (später BBC, und noch später ABB) verschoben (vgl. Artikel auf espazium). Der Bahnhof wurde neu gestaltet. Mit grosszügigen Personenunterführungen und einer neuen Quartierverbindung zwischen Alt-Oerlikon und dem ehemaligen Industriequartier, das seit 25 Jahren neuen Wohnraum für viele Menschen bietet. Die neue Verbindung kann auch mit dem Velo befahren werden. Auch viele neue Läden sind in der neuen Einkaufspassage eröffnet worden; die kommerzielle Nutzung des Bahnhofs hat wie in vielen anderen Bahnhöfen Einzug gehalten. Das ist nachvollziehbar, immerhin ist Oerlikon der siebentgrösste Bahnhof der Schweiz.
Die Arbeiten dauerten sieben Jahre lang. Das war oft mühsam, weil immer wieder Teile wegen Bauarbeiten gesperrt waren und bei den Zügen ständig die Gleise wechselten. Gross war die Erleichterung, als die Arbeiten fertig waren. Der Bahnhof erhielt etwas Grosszügiges. Der Blick schweifte den Bahnhofgebäuden entlang in den Horizont (Foto).
Doch nur kurze Zeit. Jetzt versperrt der Franklinturm den Blick zum Horizont (Foto). Er steht bedrohlich dicht an den Gleisen (Foto). Seinen Kollegen auf der anderen Strassenseite wahren den nötigen Abstand. Und auch der Andreasturm (Foto) hat einen viel besseren Platz in der Gabelung der Gleise Richtung Norden und Osten (vgl. auch Artikel auf espazium). Während des Baus war die Velorampe mehrere Monate gesperrt. Als Ersatz diente eine steile und verwinkelte Zufahrt. Das Velo musste man schieben, um zu Veloabstellplätzen zu kommen. Nur Waghalsige befuhren die Rampe.
Nun ist dieses Ärgernis vorbei. Der Franklinturm aber wird bleiben. Und man wird sich an ihn gewöhnen. Nur einige Personen, die die kurze Zwischenphase erlebt hatten, denken wehmütig zurück an die leere Stelle, die nun verstellt ist (vgl. Foto vom September 2017). Ich hätte mir eine städtebauliche Diskussion für diesen Ort gewünscht. Eine Diskussion, die auch die Frage aufnimmt, wo und wie viel Verdichtung erwünscht ist und wie viel und was der Rendite geopfert werden darf.